„Training an sechs bis sieben Tagen pro Woche.“

Peter Filzmaier

Peter Filzmaier ist dem breiten Publikum als Politik-Experte aus TV und Zeitungen bekannt. Aber nicht alle wissen, dass er auf eine „Karriere” als ambitionierter Hobbysportler zurück blickt. Mehr dazu im folgenden Interview.

Herr Filzmaier, 1:12h am Halbmarathon: eine beachtenswerte Leistung. Wann, wo und mit welchem Trainingsaufwand haben Sie diese Zeit erreicht?
Das liegt Jahrzehnte zurück: Es war nämlich vor Ewigkeiten ein Schuh Ski-Lauf auf der Wiener Donauinsel, da gibt es die entsprechende Sportgeschäftskette längst nicht mehr und den Lauf noch viel weniger. Was den Trainingsumfang betrifft, mag ich die Tiefstapelei nicht. Zudem war’s bei mir eine Art Nebenprodukt des Marathontrainings. Damals habe ich sechs bis sieben Tage in der Woche trainiert und in vielen Wochen über 100 Kilometer.

Haben/hatten Sie dabei nie Probleme mit Gelenken?
Nein, fast nie. Mein klassisches Problem war die Schienbeinentzündung. Diese hat sich zwar mit ständigen Topfenwickeln – normaler Speisetopfen hat sich als viel besser erwiesen als alles aus der Apotheke – gut behandeln lassen, bloß ist das zuhause immer eine ziemliche Schweinerei gewesen (lacht).

Waren Sie auch schon in Ihrer Kindheit/Jugend besonders sportlich? Wie sind Sie zum Laufsport gekommen? Welche anderen Sportarten haben Sie schon ausprobiert?
Sportlich war ich schon halbwegs. Von Fußball bis Skifahren. Nach einem Skiunfall hatte ich aber schwere Verletzungen beider Ellbogen, weil ich beim Sturz in einen Abgrund instinktiv die Arme über den Kopf gab. Also habe ich dann eine Sportart gesucht, bei der ich dadurch nicht beeinträchtigt war. Das war Laufen.

Welche schönen Erlebnisse an den Laufsport haben Sie, die jemanden davon überzeugen könnten, mit dem Laufen zu beginnen?
Dazu gibt’s eine simple Gegenfrage: Sind Sie noch nie spazieren oder wandern gegangen und haben sich glücklich und wohl gefühlt, die schöne Gegend bewundert, die Luft genossen und so weiter und so fort? Dasselbe gilt für langsame Dauerläufe, nur dass sie noch weiter rumkommen und noch mehr sehen sowie das gute Körpergefühl auch danach noch intensiver ist. Es muss ja keineswegs sportlicher Ehrgeiz mit Intervall- und Tempotraining sein. Werden Sie einfach Genussläufer!

Für welche sportlichen Aktivitäten können Sie sich gar nicht begeistern? Oder welche sind Ihnen sogar zu riskant?
Ich bin generell der Ausdauertyp, denke ich, und weniger der Typ für Kicksportarten, wo es nur kurzfristig einen Wow-Effekt gibt. Das ist weniger meins, ganz unabhängig vom Risiko.

Glauben Sie, dass (hartes) sportliches Training auch eine gute Lebensschule ist? Kann es vielleicht Entscheidungen geben, die beispielsweise Politiker/ Führungskräfte anders treffen würden, wenn sie schon einen Marathon unter drei Stunden gelaufen sind?
Warum sollte das so sein? Die These, dass das Bundesfinanzgesetz vulgo Budget als zentrale Entscheidung von Regierung und Parlament anders oder besser aussehen würden, wären die Minister und Abgeordneten lauter Marathonläufer, das erscheint mir etwas schräg. Von naheliegenden kleinen Änderungen voller Befangenheit wie „mehr Geld für den Sport und speziell für den Laufsport“ mal abgesehen ;). Was mir da als Gleichnis schon besser gefällt: Im Langstreckenlauf komme ich nur durch systematisches Training und Renneinteilung voran, nicht wenn ich jedes Mal wie ein Irrer loshechle. Genauso sollten Politiker auf inhaltliche Langzeitplanungen setzen statt der Verlockung von medialen Inszenierungen für den Augenblick erliegen. 

In welchem zeitlichen Umfang schaffen Sie es aktuell noch sportlichen Tätigkeiten nachzugehen?
Fast gar nicht. Ich hatte 2018 eine lebensbedrohliche Krankheit. Endokarditis. Bitte nicht googeln, es ist echt nicht schön. Alles wieder gut, doch ich bin Ex-Läufer und kein Läufer mehr.

Welchen Sport verfolgen sie am liebsten passiv vor dem TV? Was ist besonders daran?
Von Fußball bis Tennis die Standardsportarten. Bei Olympischen Spielen will ich sogar fast alles sehen. Doch da gibt’s zudem eine etwas ungewöhnliche Antwort. Oft läuft bei mir während der Arbeit im Hintergrund nicht etwa immer ein Nachrichtensender, sondern ich schaue Sportübertragungen im Fernsehen. Da gibt’s dann Sportarten wie Marathonläufe oder auch eine Etappe der Tour de France, die sich besser mit dem wissenschaftlichen Schreiben oder Rechnen am Laptop verbinden lassen. Wenn man da nämlich eine Viertelstunde nicht hinschaut, hat man noch nicht unbedingt alles verpasst. Und für den Schlussanstieg vor der Bergankunft lasse ich dann die Arbeit gerne mal beiseite.

Wie wichtig war Ihnen eine gesunde Ernährung im Zusammenhang mit Sport? Wenn Sie Spiele der Fußballeuropameisterschaft mit Freunden schauen, gibt es da auch Bier, Burger und Chips?
Ich habe mir während meiner Volkslaufzeit manchmal die Frage gestellt, ob nicht ein wirklicher Ernährungsplan etwas bringen könnte. Mich hat der Gedanke fasziniert, dadurch vielleicht Bestzeiten nochmals verbessern zu können, obwohl Trainingsumfang und -intensität auch aus beruflichen Gründen nicht mehr steigerbar waren. Doch letztlich kam ich mir da in meiner Leistungsklasse als Nicht-Spitzensportler lächerlich vor und es fehlte die Konsequenz. Wegen der vielen Reisen im Beruf wäre so ein Plan auch kaum einzuhalten gewesen. Und ja, es gibt öfters Bier, Burger und Chips – auch ohne dass ich dafür den Fußball als Ausrede brauche ;).

Sie haben in anderen Interviews erwähnt, dass Sie den Berufswunsch „Sportreporter” hatten. Welches vergangene Sportereignis hätten Sie am liebsten live vor TV-Publikum kommentiert?
Der Haken an dieser Frage ist, dass sie eben nur im nachhinein einfach zu beantworten ist. Weil man da ja den Ereignisverlauf und das Ergebnis kennt. So könnte ich nun zum Beispiel das Spiel meines Lieblingsvereins FC Barcelona nennen, als ein 0:4 gegen PSG – Paris Saint Germain – aufgeholt wurde. Obwohl es in der 88. Minute noch „nur” 3:1 stand. Trotzdem glaubten alle im Stadion noch an das notwendige 6:1. Und genau so ging die Sache auch aus …  Wer wäre da als Barcafan nicht gerne Sportreporter gewesen? Doch habe ich auch ein realistischeres Beispiel: Mein Medienpartner Kronenzeitung hätte mich als Sportjournalist für Eliud Kipchoges Marathonweltbestzeit im Wiener Prater akkreditiert. Ich musste aber wegen der zeitgleichen Vorarlberger Landtagswahl an diesem Wochenende in Bregenz und Dornbirn sein. Sozusagen dumm gelaufen, denn das hätte ich sehr gerne gemacht.

Abschließende Frage an den Strategieanalysten: Wie schneidet unser Nationalteam bei der Europameisterschaft ab? Welche Mannschaft ist ihre „zweite Wahl“, falls Österreich unerwartet früh ausscheidet?
Spanien. Und Spanien ist nie meine zweite Wahl! Warum? Die schönste Geschichte für mich als ewiger Spanienfan ist nicht einmal eine Erfolgsgeschichte. 2014 sind Xavi, Iniesta & Co in der WM-Vorrunde als Titelverteidiger und zweifacher Europameister kläglich gescheitert. Was aber war die Schlagzeile in einer großen spanischen Zeitung? Danke für sechs wunderschöne Jahre! Kein Jammern, kein negatives Wort. Das fand ich ganz toll. Was Österreich betrifft: Ich bin natürlich Realist genug, dass das Überstehen der Vorrunde bereits ein großer Erfolg wäre. Doch meine Tipps sind oft falsch, also wer weiß, vielleicht gibt gerade das nun den Österreichern gute Chancen? 😉

Zur Person:
Peter Filzmaier wurde am 5. September 1967 in Wien geboren, er ist Professor an den Universitäten Krems und Graz, war erfolgreicher Hobbyläufer und ist auch passiv an unzähligen Sportarten interessiert.

Persönliche Bestzeiten: 10 km in 33 Minuten
Halbmarathon in 1 Stunde und 12 Minuten

Was seine schönsten Sport geschichten mit Politik
zu tun haben, erklärt er in seinem Buch „Atemlos”.