Wie lange braucht man, nach längerer Pause wieder, um an gewohnte Leistungen anzuschließen? Oder ist dies mit einem kompletten Neustart gleichzusetzen?
Das hängt von mehreren Variablen ab: Konditionelle Komponente der Sportart, Beherrschung der Sportart, technische Komplexität, Alter der Sporttreibenden und Länge der Pause.  Als Faustregel kann man annehmen, dass der konditionelle Verlust etwa 1/3 der Aufbauzeit beansprucht.  Also, wenn jemand 6 Monate lang Kondition aufgebaut hat, ist sie nach 2 Monaten Pause wieder weg.

Was ist, wenn die Pause, aufgrund einer mehrwöchigen Erkrankung notwendig war?
Eine Erkrankung kann zusätzliche Abbauprozesse in Gang setzen, sodass die Zeit, die man für den Wiederaufbau braucht, noch länger werden kann.  Wie lange hängt von der Art, Schwere und Dauer der Erkrankung ab.

Wonach sollte sich die Dauer einer Pause nach Erkrankungen oder Verletzungen orientieren?
Einerseits an den Angaben der behandelnden Ärzte, andrerseits an den Symptomen, die jemand hat. Sind die Angaben der behandelnden Ärzte zu ungenau oder im Einzelfall nicht anwendbar, ist eine sportärztliche Beratung sinnvoll, in deren Rahmen man Untersuchungen durchführen kann, um einen Wiederaufbau zu planen. War die Erkrankung nur leicht und ist man beschwerdefrei, kann man selbst vorsichtig wieder beginnen und sich nach seinem Körpergefühl richten.  Anfangs nur halb so viel einplanen, wie sonst gewohnt.  Faustregel: für die Wiedererlangung des gewohnten Trainingsumfangs etwa die doppelte Pausenzeit berechnen (also nach einer Woche Ausfall wegen eines Infekts für den Aufbau zwei Wochen Zeit nehmen).  Beschwerdefreiheit vorausgesetzt.

Besonders bei Verletzungen ist in der Aufbauzeit eine begleitende Physiotherapie sehr zu empfehlen, um tatsächlich wieder die volle Funktion der verletzten Struktur zu erreichen.  So ist man zum Beispiel nach einer Knöchelverstauchung („Überknöcheln“) sehr anfällig für eine Wiederholung derselben, wenn man die lokale Propriozeption (das ist die Körperwahrnehmung im betroffenen Gelenk, vermittelt durch eigens dafür bestimmte Nervenstrukturen) nicht wieder schult. 

Haben Sie an Ihrem Institut bereits selbst aussagekräftige Erfahrungen gesammelt, wie eine durchgemachte COVID-Erkrankung bei Hobby- oder Profi-Sportlerinnen, den weiteren Weg beeinflusst?
Ja, wir sehen immer wieder Sportler*innen nach durchgemachter COVID-19 Infektion.  Die in unserem Institut gesehen wurden, sind im Laufe der Zeit wieder gesund geworden.  Manche aber mit verzögerter Erholung, unter anderem wegen erhöhter Erschöpfbarkeit, Herzrhythmusstörungen oder Atemnot.  Durch geeignete Untersuchungen können wir feststellen, ob eine Organschädigung die Ursache für die Beschwerden ist, wegen der eine Wiederaufnahme körperlichen Trainings noch nicht angesagt wäre.  Ist dies nicht der Fall, kann durch langsam und konsequent aufgebautes Training nach einiger Zeit wieder der „Normalzustand“ erreicht werden.

Gibt es Unterschiede zwischen zuvor geimpften und ungeimpften Infizierten?
Geimpfte, die sich infiziert hatten, sind meist nur leicht erkrankt und haben in ihrer Umgebung auch keine Cluster erzeugt, weil sie weniger ansteckend sind, wenn sie sich infizieren.  Da deckt sich unsere Beobachtung mit dem, was in der Literatur steht.  Man kann auch annehmen, dass die Probleme nach einer Infektion bei zuvor Geimpften geringer sind, allerdings haben wir zu wenige Beobachtungen, um das verallgemeinernd sagen zu können.  Ist die letzte Impfung schon lange her, vermindert sich der Impfschutz und das Infektionsrisiko steigt wieder.  Deshalb wird die 3. Impfung empfohlen. 

Kann sich eine Impfung überhaupt auf sportliche Vorhaben auswirken?
Insofern, als Geimpfte in aller Regel weniger stark und weniger lang erkranken, also schneller wieder fit sind.  In ganz wenigen Fällen kann die Impfung tatsächlich eine leichte Herzmuskelentzündung auslösen.  Nachhaltige Schäden sind in diesem Zusammenhang aber nicht beschrieben.  Die Betroffenen sind wieder gesund geworden, mussten allerdings eine Sportpause von einigen Wochen hinnehmen. Aber, wie gesagt, das ist sehr selten.

In diversen Medien werden auch Zwischenfälle von (Profi-)Sportlern aufgrund von Herzproblemen zunehmend diskutiert. Ist diese Häufung nur subjektiv oder können Sie diese aufgrund Ihrer Erfahrungen am Institut bejahen?
Etwa 1-2 pro 100.000 Sportler unter 35 Jahre und etwa 5 – 10 pro 100.000 Sportler über 35 Jahre erleiden einen Herzstillstand im Zusammenhang mit ihrer Sportausübung.  In vielen Fällen sind die Gründe angeborene Herzveränderungen (der Klappen, der Herzkranzgefäße oder auch der Herzmuskelzellen), die davor nicht erkannt worden sind; bei einigen sind es Herzmuskelentzündungen, die durch Infektionen entstehen können; besonders bei den Älteren können es auch atherosklerotische Veränderungen in den Herzkrankgefäßen sein.  Bei etwa 1/3 der Todesfälle findet man den Grund leider nicht. Die Zahlen der Betroffenen bleiben über die Jahre in etwa gleich; wenn etwas passiert, rückt das Thema wieder ins Bewusstsein der Allgemeinheit. 

Welche medizinischen Checks sollten daher Einsteiger aber auch „erfahrene” Hobbysportler regelmäßig durchführen lassen?
In Abhängigkeit von der geplanten Aktivität und Vorerfahrung des oder der Betroffenen sind unterschiedliche Vorgehensweisen empfohlen: Am stärksten gefährdet sind Personen, die sich nie oder schon sehr lange nicht körperlich betätigt und angestrengt haben.  Wenn keine Beschwerden bestehen, können und sollen auch sie mit Spaziergängen beginnen, ohne vorher einen Arzt fragen zu müssen.  Bestehen Beschwerden (zum Beispiel Druck auf der Brust oder übermäßiges Herzklopfen bei Anstrengungen), sollten sie den Hausarzt allerdings kontaktieren.  Planen sie größere und ungewohnte körperliche Belastungen, zum Beispiel eine längere Wanderung oder Radtour oder Fußballturnier, sollten sie vorher mit ihrem Hausarzt Rücksprache halten.

Personen, die regelmäßig aktiv sind, wissen in aller Regel, was sie sich zutrauen können. Wenn sie im gewohnten Rahmen bleiben und dabei keine Beschwerden haben, bestehen auch hier keine Bedenken.  Wenn Beschwerden auftreten, wird der Gang zum Arzt meist ohnehin angetreten.  Wenn solche Personen allerdings Aktivitäten planen, die sie sonst nie tun oder noch nie getan haben und die den Körper stärker beanspruchen, als gewohnt und wenn sie zusätzlich Risikofaktoren haben, wie zum Beispiel Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, dann sollten sie sich vorab sportärztlich untersuchen und beraten lassen.

Leistungssportlern, jugendlichen und erwachsenen, empfehlen wir einen jährlichen Check, der aus einem sportärztlichen Gespräch, Untersuchung, Blutdruckmessung und Ruhe-EKG besteht und meist auch einem Belastungstest.

Aber man kann doch davon ausgehen, dass die dänische Fußballnationalmannschaft oder Spieler in der österreichischen Eishockey-Bundesliga regelmäßig solchen Checks unterzogen werden? Welche Faktoren können hier noch mitspielen (besonderer Leistungsdruck, Krankheiten…)?
Ja, der Fall Eriksson: richtig, man kann davon ausgehen, dass Herr Eriksson und andere Leistungssportler gut untersucht sind und dennoch passiert es, dass sie vor allen Augen zusammenbrechen.  Wie oben erwähnt, bei 1/3 der Fälle kennt man den Grund nicht und findet ihn auch nachher nicht heraus.  Für diese Fälle ist es wichtig, eine gut etabliertes Ersthelfersystem zu haben, das sofort eingreift. Das hat Herrn Eriksson das Leben gerettet.  Leider kann auch das nicht in jedem Fall helfen, wie man an dem Beispiel des Eishockey-Spielers aus Bratislava im November 2021 sehen kann.  Welche Hintergründe sein Herztod hatte, ist mir leider nicht bekannt.

Können Sie abschließend noch einen sportmedizinischen Kommentar zur Aussage „auf den eigenen Körper hören“ abgeben?
Bei Krankheit, Fieber, akuten Infekten ist Pause oder eine deutliche Reduktion der körperlichen Belastung angesagt. Der Körper kann seine Energie für die Bekämpfung des Infekts einsetzen, was zu einer kürzeren Erkrankungsdauer führt.  Wenn die Akutsymptome abgeklungen sind oder die ärztliche Freigabe erteilt wird, soll langsam und stetig aufbauend wieder mit dem Training begonnen werden.  Für den Aufbau doppelt so lange Zeit lassen, wie der krankheitsbedingte Ausfall gedauert hat.  Im Zweifelsfall Sportarzt kontaktieren. Der Großteil der Bevölkerung, nämlich mehr als die Hälfte, ist viel zu wenig und selten körperlich aktiv.  Bei ihnen wäre es erstrebenswert insofern „auf den Körper zu hören“, als sie erkennen sollten, dass Gewichtszunahme, steigender Blutdruck, Schlafstörungen etc. anzeigen, dass der bewegungsarme Lebensstil im Laufe der Zeit krank macht.