Andrea Mayr, die mehrfache Weltmeisterin im Berglauf und österreichische Rekordhalterin im Marathon, vergleicht für uns die beiden Disziplinen und gibt Tipps für Berglauf-Einsteiger.
Andrea, du bist bei Laufwettbewerben immer wieder auch vor männlichen Spitzenläufern im Ziel. Siehst du das während des Wettkampfs auch als Geschlechterkampf?
Nein, überhaupt nicht. Für mich ist das ein zusätzlicher Anreiz, weil dadurch auch immer wieder jemand da ist, der mich pusht. Grundsätzlich ist es kein „Muss” vor Männern zu finishen, demnach empfinde ich das Duell mit einer Frau im Wettkampf als viel stressiger.
Du hast schon so gut wie alles ausprobiert. Mit welchen Sportarten hast du begonnen? Wie kommt man dann beispielsweise zu Berg- und Treppenlauf? Ging es dir um Abwechslung?
Etwa im Alter von fünf Jahren habe ich mit Geräteturnen begonnen, dies hat sich dann mehr in Richtung Leichtathletik entwickelt. Beim Studium in Wien habe ich Christiane Söder (Anm.: Vizeweltmeisterin und Olypmia-Vierte am Rad) kennengelernt. Sie kam auch von der Leichtathletik zum Radsport. Und innerhalb der ersten Monate unserer Freundschaft hatte ich plötzlich auch ein Rennrad und ein Mountainbike. Wir haben dann viel gemeinsam trainiert. Durch den Vergleich mit ihr wusste ich, wie ich meine Leistungen einschätzen kann. Vor den Olympischen Spielen in Peking hat mir Christiane gesagt, dass sie die österreichischen Rad- Meisterschaften am Berg nach den Spielen wohl nicht bestreiten wird und sozusagen mich statt ihr nachnominiert. Dort wurde ich plötzlich Staatsmeisterin, wobei ich ohne der Absage von Christiane wohl nie gestartet wäre. Danach hat sich weiteres ergeben: Duathlon, Skibergsteigen, Treppenlauf – weil alles einfach sehr ähnlich ist.
Wieviel Zeit investierst du aktuell durchschnittlich pro Woche für sportliche Tätigkeiten und was steht dabei am Programm?
Grundsätzlich fahre ich jeden Tag rund 50 Minuten am Rennrad in die Arbeit und wieder retour. Am Rad ist die Belastung für den gesamten Bewegungsapparat bei weitem nicht so intensiv wie beim Laufen.
Dennoch steht nach dem Dienst eine weitere Einheit an. Meistens am Berg: Im Winter skisteigen und im Sommer laufen. Insgesamt bin ich vom zeitlichen Aufwand her pro Woche 50% am Rad und 50% auf den Beinen unterwegs.
Wo liegen die größten Unterschiede bei Training und Wettkampf, wenn man das Laufen „auf der Ebene” mit Bergläufen vergleicht? Glaubst du, dass jeder schnelle Läufer/jede schnelle Läuferin, auch schnell am Berg ist?
Das ist schwer zu sagen. Komischerweise können aber nicht alle alles. Ich habe einen guten Freund, der läuft 5 Kilometer in 13:30 Minuten, was für österreichische Verhältnisse sensationell ist, stellt sich aber besonders ungeschickt am Berg an und bringt auch keine Leistung aufs Rad. Andere Bahnläufer wiederum versuchen sich zum ersten Mal im Gelände und können das. Womöglich hat das dann auch mit Hebelwirkung, Gewicht und so weiter zu tun, was bei mir halt zufällig passt. Wobei es auch bei mir unterschiedlich schnell geht, von einer schnellen Flachform zur guten Berglauf-Form zu kommen oder umgekehrt. Das geht manchmal schnell, manchmal dauert es etwas länger.
Was kann man als Läufer/Läuferin in sein Training einbauen, um auch für Bergläufe fit zu sein?
Man kann viel mehr im Training machen, muss aber genauso auch flach laufen. Einheiten am Rad sind immer eine gute Abwechslung für LäuferInnen. Vor allem bergauf Rad fahren und bergauf laufen beansprucht nahezu dieselben Muskelgruppen. Beim Berglauf darfst du nicht nach Kilometerzeiten trainieren, weil es diese im Grunde nicht gibt. Es ist deshalb im Kopf etwas stressfreier als auf der Straße. Man läuft am Berg viel mehr gegen sich selbst oder gegen den Berg, nicht gegen andere, weil jeder bei anderen Stellen am Berg seine Stärken hat. Beispielsweise kann jemand bei 10% Steigung an einem anderen Teil am Berg wiederum wesentlich langsamer sein. Man muss seine Stärken kennen und darf nicht nervös werden. Windschattenlaufen hat am Berg ohnehin keinen Sinn.